Durchsuchung bei Schiffmann durch die StA Heidelberg, die bereits im Vorgang Beate Bahner eine unrühmliche Rolle gespielt hat. Ich durchleuchte die rechtlichen Voraussetzungen und erkläre, warum es rechtlich wie politisch ein Fehler ist, was die StA macht.
Warum Durchsuchung bei Schiffmann?
Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachtes auf Ausstellung unrichtiger Gesundheitszeugnisse:
Datum: 28.10.2020
Kurzbeschreibung:
Gemeinsame Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Heidelberg und des Polizeipräsidiums Mannheim
Verdacht auf Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse; Polizei durchsucht Praxisräume eines Arztes; Ermittlungen dauern an
Sinsheim:
Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Heidelberg erließ das Amtsgericht Heidelberg einen Durchsuchungsbeschluss für die Praxisräume eines Sinsheimer Arztes.PM StA Heidelberg
Dieser steht in Verdacht, in mindestens drei Fällen unrichtige Gesundheitszeugnisse ausgestellt zu haben. Diese befreiten aus medizinischen Gründen von der derzeit bestehenden Pflicht, einen Mund- und Nasen-Schutz zu tragen.
Wie die bisherigen Ermittlungen ergaben, wohnen die Personen mehrere hundert Kilometer von Sinsheim entfernt, so dass der Verdacht besteht, dass sie tatsächlich nie durch den Beschuldigten untersucht worden sind und Gründe für eine Befreiung von der Maskenpflicht nicht bestanden.
Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und der Kriminalpolizeidirektion Heidelberg dauern an.
§278, ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse lautet:
§ 278 Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse
§278 StGB
Ärzte und andere approbierte Medizinalpersonen, welche ein unrichtiges Zeugnis über den Gesundheitszustand eines Menschen zum Gebrauch bei einer Behörde oder Versicherungsgesellschaft wider besseres Wissen ausstellen, werden mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Ist die Befreiung von der Maskenpflicht ein Gesundheitszeugnis i.S. §278 StGB?
Die Rechtsprechung argumentiert hier wie folgt:
Gesundheitszeugnisse im Sinne dieser Vorschrift sind Urkunden, in denen der Gesundheitszustand eines Menschen beschrieben wird.
Strafrecht Siegen
Man kann also vortrefflich darüber streiten, ob die Befreiung von der Maskenpflicht ein solches Gesundheitszeugnis ist. Ich würde sagen nein, weil nur bescheinigt wird dass aufgrund einer Krankheit das Tragen der Maske nicht zumutbar ist. Damit einhergehen muss gerade nicht die Prüfung, ob die Ausgangsdiagnostik als Grundlage der Befreiung richtig war. Natürlich kann man auch argumentieren, dass die Befreiungsattestierung eine inzidente Prüfung des Gesundheitszustandes voraussetzt. Ich denke aber, dass dies im vorliegenden Fall zu weit gehen würde. Zudem sind „Sympthome“ wie Schwindel, Übelkeit, Atemnot nicht zwingend subjektivierbar oder reproduzierbar.
Wann ist ein Attest dann unrichtig?
Unrichtig ist ein ärztliches Zeugnis regelmäßig, wenn es über einen Befund ausgestellt wird, ohne dass eine Untersuchung stattgefunden hat (LK, StGB, 12. Aufl., 278 Rn. 7; Münchener Kommentar, StGB, 27. Aufl., § 278 Rn. 4; Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 278 Rn. 2; OLG Frankfurt, StV 2006, 471-473; BGH, NStZ-RR 2007, 343-345); denn ein ärztliches Zeugnis begründet gerade das Vertrauen, dass die fachlichen Ausführungen auf einer tragfähigen Grundlage beruhen. Wollte man ärztliche Zeugnisse, die ohne Untersuchung ausgestellt werden, vom Tatbestand ausnehmen, hätte dies zur Folge, dass die Vorschrift bei einem Arzt, der unbesehen beliebige Gefälligkeitsatteste ausstellt, nicht anwendbar wäre, weil dieser sich von der Unrichtigkeit der medizinischen Ausführungen keine positive Kenntnis verschafft und insoweit nicht wider besseres Wissen handeln kann.
Strafrecht Siegen aaO
Wenn aber das Attest das Vertrauen in fachliche Ausführungen und tragfähige Grundlage begründet, dann muss man sich schon die Frage stellen, ob dies bei dem Fall Maskenbefreiung so ist. Denn dort wird ja nur die Frage dass eine Maskenbefreiung notwendig ist, thematisiert, eben nicht zwingend auch die Ursache derselben. Hierin liegt meines Erachtens der Teufel begraben. Schiffmann und viele andere glauben daran, dass eine Maske unnötig ist. Daher kann eine Maskenbefreiung sowieso schon per se kein falsches Gesundheitszeugnis darstellen, weil dieser wissenschaftlich fundierten oder unfundierten Sichtweise eben nichts entgegengehalten werden kann, was die Falschheit angeht.
Annahme ohne Untersuchung fehlerbehaftet
Daher kann im vorliegenden Fall auch die grundsätzlich richtige Annahme „ohne Untersuchung“ keine Frucht tragen. Denn für diesen Schluss ist eben nicht zwingend eine medizinische Untersuchung möglich.
Weiter ist für die Frage der Unrichtigkeit der Gesundheitsatteste eine falsche Meinung notwendig:
Unrichtig ist ein ärztliches Zeugnis dann, wenn es in einem wesentlichen Punkt den Tatsachen oder medizinischen Erfahrungen oder Erkenntnissen widerspricht (LK, StGB, 12. Aufl., § 277 Rn. 2; Lackner, StGB, 27. Aufl., § 278 Rn. 2). Die Unrichtigkeit kann sich auf den Befund oder die Beurteilung beziehen (LK, StGB, 12. Aufl., § 278 Rn. 6).
Strafrecht Siegen aaO
Gibt es eindeutige medizinische Erkenntnisse
Zu klären ist also, gibt es wesentliche Erkenntnisse und Erfahrungen, die eindeutig sind?
Manche meinen, dass es nur wenige Menschen gibt, die keine Maske tragen können. Und dann gibt es noch regional unterschiedliche Regelungen für z.B. Hör- und Sehgeschädigte. Gerade Baden-Würtemberg, zu dem auch die skurile Staatsanwaltschaft Heidelberg gehört, macht das Maskentragen nicht nur von medizinischen Gründen abhängig.
„Eine Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung besteht nicht für Personen, denen das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung aus gesundheitlichen oder sonstigen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist.“ Quelle: Staatsministerium Baden-Würtemberg
Aktion Mensch
Wer bescheinigt nun diese sonstigen Gründe, die de jure gerade keine gesundheitlichen, medizinischen Gründe sind? Genau. Eigentlich niemand.
Handelt es sich also bei der Befreiung von der Maskenpflicht um ein Gesundheitszeugnis oder ein sonstiges? Genau daran wird man sich messen lassen müssen, und natürlich wird es darauf ankommen, was genau im konkreten oder den drei konkreten Attesten steht.
Reicht das für Durchsuchung bei Schiffmann
Reicht es jetzt also, um eine Durchsuchung bei Schiffmann durchzuführen? Ich sage nein. Weil insbesondere aufgrund der lokalen Besonderheiten bereits kein Gesundheitszeugnis vorliegen dürfte und weil darüber hinaus meiner Meinung nach nicht der Gesundheitszustand, sonder nur das Tragen einer Maske aufgrund einer gegebenen Gesundheitssituation attestiert wird und damit kein Gesundheitszeugnis vorliegt.
Damit kann aber auch keine Durchsuchung begründet werden, weil kein Anfangsverdacht besteht und darüber hinaus von der Durchsuchung bei Schiffmann keine weiteren Erkenntnise zu erwarten sind. Es handelt sich nämlich um relevante Rechtsfragen bei klarem Tatkomplex (Atteste sind sichergestellt, Wohnort der Betroffenen ist sichergestellt usw.)
Voraussetzungen §102 StPO
Der §102 StPO ist hier gut erklärt.
Man braucht
- Durchsuchungsziele:
- Ergreifen des Beschuldigten
- Auffinden von Beweismitteln
- Beschlagnahme
- Durchsuchungsvoraussetzungen:
- Anfangsverdacht
- Vermutung, das Untersuchungsziel zu erreichen
- Anordnungsbefugnis:
- Richter
Letzteres unterstelle ich mal als gegeben, meiner Erfahrung nach unterschreiben Richter sowieso fast alles, egal wie absurd es sich nach Lesen der Akte darstellt (über den Fall Markus König werde ich in einem gesonderten Artikel noch berichten, weil hier nur mit falschen und verfälschten Beweismitteln eine Durchsuchtung erschlichen wurde, allerdings im Nachbarbundesland).
Mein Video zum Thema
Auffinden von Beweismitteln nicht zu erwarten
Auffinden von Beweismitteln? Dass KEINE Untersuchung stattgefunden hat wird schwer zu belegen sein. Schließlich kann eine solche Untersuchung auch am Rande einer Demonstration erfolgen oder im Corona Info Tour Bus. Die Atteste hat man ja schon, sonst gäbe es keinen Anfangsverdacht (und diese sind auch Denklogisch nicht in der Praxis, sondern beim Inhaber des Attestes, was das Original angeht.
Zum Anfangsverdacht in rechtlicher Hinsicht habe ich oben schon ausgeführt. Den kann es nicht geben. Aber ich verkenne nicht, dass man es auch anders sehen kann. Und deshalb ist relevanter, ob eine Vermutung besteht, mit der Durchsuchung von Schiffmann sein Untersuchungsziel zu erreichen. Und das ist definitiv zu verneinen.
Ich vertrete hier auch die Auffassung, dass Probleme beim Maskentragen nicht zu kategorisieren sind. Ich hatte auch schon einmal Würgereflex mit einer Maske. Auf Dauer wäre das sehr anstrengend. Zumal man auch anderer Meinung sein darf. Und hier schließt sich der Kreis. Gibt man Schiffmann nicht die Chance, zu Beweisen dass die Masken nichts bringen und bietet ihm daher die Bühne, die er sucht?
Politischer Fehler
Letztlich ist die Durchsuchung bei Schiffmann vor allem ein politischer Fehler. Man gibt ihm die Chance, in den Medien sich als Opfer zu präsentieren. Der Spiegel berichtet zum Beispiel, der ihn sonst verschweigt. Und die üblichen Kanäle können ihren Helden feiern. Wir schaffen hier eine neue Dolchstoßlegende. Und bieten ihm die Chance, in einem fairen Verfahren seine Thesen zu belegen. Das kann nach hinten losgehen.
Kritik an Schiffmann
Ich habe viele Kritikaspekte an Schiffmann bereits mitgeteilt. Ich sehe hier auch strafrechtliche Ansätze, was das Aufhetzen des Volkes angeht oder das Verleumden von angeblichen oder tatsächlich verstorbenen Kindern. Natürlich kann man auch fragen, ob er sich berufsrechtlich richtig verhält. Ansätze gäbe es sehr, sehr viele. Und dann nimmt der Staat den einen, der offenbar unbegründet und eine Chance für ihn ist. Das ist Dumm.
Fazit
Die Durchsuchung ist Mist, rechtswidrig und falsch. Politisch nutzt es ihm und seiner Bewegung. Der versagende Staat hat noch weiteres versagen geschaffen. Chapeau.
Ich werde weiter berichten.