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Familienrecht

Warum soll ich einen Anwalt bezahlen?

Ich erinnere mich immer an den Fachanwaltskurs Verkehrsrecht, den ich 2005 in Ulm besucht und erfolgreich absolviert hatte. Einer der dortigen Dozenten aus dem Strafrechtsbereich erzählte uns folgende Geschichte, was er in München am Stachus Mandant:Innen sagt, wenn diese fragen warum sie denn Vorkasse leisten müssten:

Ich habe einen Deal für Sie: Gehen Sie in die Galleria Kaufhof am Stachus und bringen mir einen 80 Zoll High Tech TV, aber ohne diesen zu bezahlen. Wenn die Ihnen den umsonst mitgeben, dann bin ich auch bereit für sie vorerst ohne Vorschuss zu arbeiten

Dr. Klaus Leipold, Rechtsanwalt, 2005

Ich habe die Geschichte nicht nur deshalb so behalten, weil ich mir damals so einen TV gewünscht habe. Nein, ich finde das Beispiel äußerst treffend. Nirgends, schon gar nicht im hochpreisigen Segment, gibt es Leistung für umsonst. Aber den Anwalt, den will keiner bezahlen. Warum eigentlich nicht? Da hört man immer wieder die folgenden Aspekte:

  • ich habe einen Anspruch auf kostenlosen Anwalt
  • der verdient doch eh genug
  • ich bekomme doch PKH/VKH
  • wofür will er tausende Euro, der hat doch nix gemacht

Ich würde dann doch dazu neigen zu fragen:

  • bezahlst du Fleisch, Brot, Getränke?
  • reparierst du Auto und Waschmaschine selber?
  • hast Du Dein Handy geschenkt bekommen?
  • wer bezahlt Deine Wohnung und Heizung?

Richtig, es gibt in diesem Land Menschen, die für ihre Hände Arbeit Geld verlangen. Eigentlich jeder. Selbst die 10%, die von staatlichen Hilfen leben, legen doch wert darauf dass ihnen ein Anderer („der Staat“) das Leben bezahlt. Wieso sollte es dann für eine Selbstständigen anders sein? Ich kenne ausreichend Helfer in diesem System, die Schwarz die Hand neben dem Hartz IV aufhalten. Und auch bei Strafverfahren sind Vorschüsse zwischen 5.000 € und 10.000 € kein Problem – da ist der Druck zu bezahlen da, wenn Freiheitsentzug droht oder U-Haft besteht. Aber im Familienrecht, da ist erstaunlicherweise kein Geld da.

Ich möchte Euch einfach mal ein bisschen sagen, warum das Schade ist, dass Eltern das so sehen. Weil ich immer noch den folgenden Spruch am besten finde:

Was nichts kostet, ist nichts wert.

Lebensweisheit

Der BGH hat es sogar nocheinmal in einer Mietsache krasser formuliert:

Geld hat man zu haben.

 BGH VIII ZR 175/14 

Natürlich sind Anwälte privilegiert. Zumindest einige. Andererseits dauert die Ausbildung auch mindestens 6 Jahre. 6 Jahre, in denen Handwerker schon sehr gutes Geld verdienen dürfen. Zudem verdienen Anwälte im Schnitt auch „nur“ 55.000 € brutto, wobei nach oben keine Grenzen gesetzt sind, so dass statistisch unten erheblich weniger über bleibt.

Ein normales VKH Sorgerechtsverfahren mit einem Streitwert 3.000 € Hauptsache mit Gutachten bringt dem Anwalt ca. 684,25 €. Dafür gibt es mindestens 3 Besprechungstermine a 1 Std. (am Anfang, vor dem Gerichtstermin, nach Gutachtensersattung), 2 Gerichtstermine a 2 Std. jeweils inkl. Fahrzeiten, 2 Std. Aktenstudium, 3 Std. Gutachtenstudium, 2 Std. Schriftsätze erstellen. Und 2 Std. Beschluss besprechen und beraten. Das heisst, es fallen in einem durchschnittlichen Fall mindestens 16 Std. reine Nettoarbeitszeit an. Das wären rein rechnerisch auf Nettobasis 34,75 €. Davon sind nicht bezahlt Miete, Technik, Angestellte usw,
Und dann reden wir eben auch von den Kosten, die ein vergleichbarer Handwerker für entsprechende Zeit verlangen würde.

Ich will nicht jammern, weil es in dem Bereich sicher auch bessere Kosten-Nutzen-Rechnungen gibt. Aber das muss eben nicht immer so sein. Jeder hat hier eben auch das Recht, selber Geld zu verdienen. So wie ein Bedürftiger das Recht hat, Leistungen nach dem SGB II zu erhalten.

Soll ich also meinen Anwalt bezahlen?

What you pay is what you get. Das was zu bezahlst, bekommst Du auch. Wenn Du also sagst so billig wie möglich, dann bitte wundere Dich nicht, wenn das Ergebnis „zeitsparend“ ist.

Ein Beispiel: Wenn ich eine kritische Gutachtensrezension, mein juristischen Pendant zu Gutachtensprüfungen. Dort verlange ich für normale Gutachten bis maximal 80 Seiten ca. 350 €, weil ich weiss dass ich mindestens 10 Std. Zeit investiere (ohne Vor- und Nachgespräche), um vollständig ein Gutachten zu widerlegen. Wem das zu teuer ist, muss sich eben alles wissen selber aneignen. Auch in der VKH ist das nicht mit drin.

Erkläre, warum Dein Gegenüber seine Zeit kostenlos für Dich aufwenden soll. Und was Du kostenlos für Deinen Gegenüber tust und getan hast. Vielleicht verstehst Du das dann.

Kostenlos

Trotzdem helfe ich vielen umsonst. Aber eben weil ich es will. Nicht weil ich es muss. Und auch nur in einem Rahmen, der meiner kostenlosen Tätigkeit angemessen ist. Wieso sollte ich den Wert anwaltlicher Leistung herunterrechnen? Ich wurde selbst um ausreichend Beträge betrogen. Ich muss das nicht mehr haben. Auch ich habe einen Anspruch auf Freizeit.

Deshalb gibt es ja auch den Kanal. Wer kostenlos will, der muss sich aus den Videos das wichtigste Zusammenschreiben und -hören.

In diesem Sinne. Bis bald!

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